Johann von Salisbury, "La Policratique", um 1372, Paris, BN, ms. fr. 24287, fol. 2


Der Fürst und seine Bücher

Bücher waren teuer; insbesondere wenn sie breitrandig auf Pergament in großen Lettern und mit viel Zeilenabstand geschrieben sowie mit Miniaturen in Gold und Farbe geschmückt waren. Bücher werden in unzähligen Miniaturen gezeigt. Dabei unterscheiden sich Gebetbücher markant von allen anderen; nur sie sind häufig mit dem Bild des Auftraggebers des Kodex selbst - und nicht nur von Text, Kompilation oder Übersetzung - verbunden; man kann sogar im 15. Jahrhundert geradezu davon ausgehen, dass dem betenden Besteller, der in der Art von Stifterbildern kniend gezeigt wird, ein Buch beigesellt ist. Doch so gut wie nie scheint mehr als ein Buch einem Fürsten oder einem wohlhabenden Bürger zu gehören; und auch die Beispiele, in denen ein solcher beim Lesen gezeigt wäre, sind äußerst rar. Oft aber stapeln sich viele Bände um einen Gelehrten, einen Autor oder einen Schreiber; dort füllen sie die Regale, liegen auf drehbaren Pulten oder am Boden.
Karl V. von Frankreich, den man auch den Weisen nennt, erscheint einmal wie ein Gelehrter in einem Studio; sein Bildnis ist durch die Königslilien ausreichend bezeichnet; insgesamt zehn Bücher sind in den Gefachen und auf den verschiedenen Ebenen eines drehbaren Pults abgelegt.
Nur der kostbare erste Moment, die Dedikation des fertigen Buches, bei der ein Schreiber oder Autor vor der Herrschaft kniet und den prächtig gebundenen Band darreicht, ist für die Maler ein Augenblick, einem Mäzen ihres Gewerbes eine Handschrift, die nicht dem Gebet dient, in die Hand zu geben. Kein einziges Dedikationsbild zeigt, dass ein einzelner neuer Band in eine bereits bestehende Bibliothek eingeht. Sonst wird das neue Werk bewusst ausgesondert.

     
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