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Meister des Raphael de
Mercatellis, in: Plutarch, "De viris clarissimus",
um 1480, Gent, UB, ms. 109. fol. 11 |
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Die Bibliothek des Raphael de Mercatellis
Ein weiterer illegitimer Sohn Philipps des Guten,
Raphael
de Mercatellis, hat mit der Zusammenstellung seiner Bibliothek
bereits als Abt von St. Peter in Oudenbourg in den sechziger Jahren
des 15. Jahrhunderts begonnen. Am stärksten angewachsen ist
die Sammlung jedoch erst in der Zeit nach seiner Berufung zum Abt
von St. Bavo in Gent 1478. Nachdem diese Abtei 1538 geschlossen
wurde, gelangte die Bibliothek in die Johanneskirche, die heutige
Kathedrale des Heiligen
Bavo. In einem Inventar von 1572 werden 202 Nummern genannt.
Bis heute blieben etwa 60 dieser Handschriften erhalten, wobei sich
der Großteil in der Kathedrale und der Universitätsbibliothek
von Gent, der Stadtbibliothek von Haarlem und der Sammlung des Earls
of Leicaster in Holkham Hall befindet.
Fast alle Handschriften enthalten eine Angabe des Datums ihrer Transkription
oder ihres Erwerbes und sind mit Besitzerzeichen versehen. Neben
Mercatellis Wappen gehören zu diesen Besitzerzeichen ein bislang
noch nicht identifiziertes Monogramm "LYS" sowie die Devise:
"Fait vivre longuement" (Lass länger leben).
Die frühesten Handschriften, die noch in Mercatellis Amtszeit
als Abt in Oudenbourg entstanden sind, wurden nur einfach dekoriert
und kommen ohne Bebilderung aus. Als Vorbild sind italienische Humanistenhandschriften
denkbar. Mit Beginn seiner Tätigkeit als Abt von St. Bavo änderte
sich dieses reduzierte Dekorationsprinzip. Die Bücher, die
überwiegend in Gent und Brügge entstanden sind, erstaunen
durch ihr riesiges Format, ihren Umfang, die gleichmäßige
Schönheit der Schrift auf reinstem Pergament und ihre reiche
Bebilderung. Nicht weniger als 12 verschiedene Texte wurden mitunter
in einem Band zusammengefasst. Bis heute haben viele dieser Handschriften
ihren Originaleinband behalten.
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