Simon Bening, in: "Blumenstundenbuch", 1520/25, München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 23637, fol. 48v

Absicht oder Reuezug?
In einem Falle könnte man den Eindruck gewinnen, ein derart eingefügtes Element sei bewusst erst nachträglich über die fertige Miniatur gemalt worden: Den Blick in die Kirche, die als Schauplatz für die Marienverkündigung (fol. 48v) dient, rahmen hellblaue Vorhänge. Sie sind so dünn gestrichen, dass unter ihnen der Architekturdekor links, rechts sogar der Flügel des Erzengels Gabriel sichtbar wird. Ein Kunstgriff könnte sein, durch die Übermalung mit dem Vorhang dessen Durchsichtigkeit anzudeuten. Das ist angesichts der Arbeitsweise der Buchmaler nicht wahrscheinlich; entscheidend ist jedoch, dass Bening späteren Generationen den Weg öffnet, solche aus Reuezügen hervorgegangenen Verfahren als künstlerische Mittel einzusetzen. In anderen Varianten der Marienverkündigung fehlt der Vorhang bei Bening ganz.
     
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