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Simon Bening, in: "Blumenstundenbuch",
1520/25, München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 23637,
fol. 3v |
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Zum Verhältnis von Vorlagentreue
und Variation bei Simon Bening
Auf den ersten Blick, das wurde schon gesagt, wirkt die Illuminierung
des Münchner Blumen-Stundenbuchs glatt und routiniert. Wer sich
in Simon Benings Werk ein wenig auskennt, wird von vielen Miniaturen
an Bekanntes erinnert. So könnte man schließen, es handele
sich um ein solides Werkstattprodukt, mit nach Vorlagen konzipierten
Bildern vorzüglicher Qualität, aber eigentlich ohne kreative
Eigenleistung.
Tatsächlich aber verrät schon der Kalender, dass fast überall
während der Ausmalung noch über die Gestalt der Bilder nachgedacht
wurde. Am deutlichsten wird das im Juni: Die Farbschichten zum Falz
hin sind nachträglich ausgedünnt; unter der glatten Wand
einer Hausfassade ist Grün und Blau hervorgetreten; denn ursprünglich
sollte sich der Blick im schmalen Randstreifen rechts zur Landschaft
öffnen. Dadurch den Sinn für Veränderungen während
der Arbeit geschärft, wird man verwundert erkennen, dass die
markante Aussparung unter der linken Textkolumne zunächst einen
wichtigen Sinn hatte: Dort, und nicht wie in der schließlich
gültigen Formulierung sollte der von rechts heranpreschende Turnierreiter
so weit aufragen, dass für seinen Helm, dessen Umrisse unter
der Sandfarbe deutlich zu Tage treten, das Rechteck im Textspiegel
ausgespart wurde. Um den Gegner dort zu treffen, sollte auch der Reiter,
der vor der Barriere von links naht, anders, nämlich in stärkerer
Verkürzung gezeigt werden, wobei das Pferd steiler anzusteigen
hatte, was die rechts neben der gültigen Gestalt ebenfalls durchgewachsene
Vorzeichnung für die Vorderbeine verrät. Ein Vergleich mit
einem Vollbild
des Kalenders im Brüsseler Hennessy-Stundenbuch zeigt, dass die
schließlich gefundene Formulierung anderswo in größerem
Format fortlebte! |
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