"Wiener Stundenbuch der Maria von Burgund", 1470-75, Wien, ÖNB, Codex Vindobonensis 1857, fol. 185v

Systematik der Dekoration
Mit wenigen Ausnahmen kennt das spätmittelalterliche Buchwesen nur am Text orientierte Handschriften. Reine Bilderbücher hat es kaum gegeben; deshalb hat die Bebilderung auch in vielen Fällen weniger die Aufgabe der Illustration als der repräsentativen Markierung einer dadurch leichter auffindbaren Stelle im Buch. Fast der gesamte Buchschmuck in Frankreich und den Niederlanden richtet sich nach Hierarchien der Textanfänge. In uralter Tradition bezeichnet man diese als Incipits (von Lateinisch: incipit - es beginnt); sie verlangen in erster Linie Initialdekor; er geht von unterschiedlich großen Zierbuchstaben aus; diese dienen als Ursprung von Randschmuck und gegebenenfalls von Bildern. Selbst die von Buchmalern auf eingeschalteten Einzelblättern gelieferten Vollbilder erhalten im spätmittelalterlichen Europa in aller Regel nur dort einen Platz, wo es der Initialdekor verlangt.
Alle Texte lassen sich in hierarchischer Weise ordnen: Von der kleinsten Einheit, dem Satz über den Paragraphen zu Kapitel und Buch. Innerhalb der Hierarchie des Buchdekors unterscheiden wir - hier am Beispiel des so genannten Wiener Stundenbuchs der Maria von Burgund - Versalie , Paragraphenzeichen, Initiale, Kleinbild / Bildinitiale, Kopfbild und Vollbild.
     
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