Jean Froissart, "Chroniques", Einband, 1468-69, Berlin, SPK, Staatsbibliothek, Depot Breslau 1, Bd. 4
Lievin van Lathem, in: Jean Froissart, "Chroniques", 1468-69, Berlin, SPK, Staatsbibliothek, Depot Breslau 1, Bd. 4, fol. 229v


Der Breslauer Froissart als Ausgangsbeispiel
Der so genannte Breslauer Froissart (Staatsbibliothek Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Depot Breslau 1, Ms. Rehdiger 1-4) enthält als vierbändiges Handschriftenensemble eine vollständige Abschrift der Chroniken von Jean Froissart. Bereits die prächtigen Originaleinbände in blauem Samt geben durch Devise, Wappen und Embleme auf schweren Messingbeschlägen Auskunft über den Auftraggeber Anton von Burgund. Die Bände entstanden in erstaunlicher Abfolge: I, IV (1468), II und III (1469). Mit insgesamt 224 Miniaturen ist der Text außerordentlich reich illustriert. Keine zweite vollständige Abschrift, die als Vergleichshandschrift herangezogen werden könnte, reicht an diese Bilderdichte heran. Dabei wurde durchgehend das Stilmittel der Semi-Grisaille, allerdings mit zunehmendem Farbeinsatz von Band I über IV, II und III, verwendet. Sämtliche an der Ausmalung des Breslauer Froissart beteiligten Buchmaler haben sich in je eigener Ausprägung diesem Stilmittel verpflichtet. Daher ist anzunehmen, dass die Entscheidung dafür auf den Auftraggeber Anton von Burgund und nicht auf die ausführenden Künstler zurückzuführen ist. Grisaille in den Miniaturen steht einer vollfarbigen Ausmalung der 29 ausschließlich für zweispaltige Miniaturen vorgesehenen Bordüren gegenüber. Der monochromen Malerei wurde damit in der Hierarchie des Buchdekors ein höherer Stellenwert zugewiesen.
     
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