Gillion de Trazegnies
Prosafassungen epischer und höfischer Stoffe des frühen Mittelalters sowie neue Prosaromane erhalten um die Mitte des 15. Jahrhunderts am Hofe Philipps des Guten einen enormen Zuwachs. Besonders beliebt sind Erzählungen über regionale Heldenfiguren, die mit der Geschichte eines lokalen Adelsgeschlechtes verknüpft werden. Dass hier erneut nur historische Helden jener Territorien von Interesse sind, die dem burgundischen Herrschaftsgebiet angehören, versteht sich von selbst. Man vergewisserte sich über die Blutslinie hinaus eines gleichsam allgemein heroischen Charakters, den die burgundischen Regionen - so sah man es - mit ihren Rittern und Abenteurern in besonderem Umfang hervorbrachten.


Diesem Romantyp ist auch die Geschichte des "Gillion de Trazegnies" zuzuschreiben, welche um 1450 von einem unbekannten Autor für Philipp den Guten verfasst wurde. Als Ausgangsbeispiel dient uns ein Exemplar, welches laut Besitzerzeichen und Prolog des Schreibers im Jahre 1464 für Ludwig von Gruuthuse angefertigt wurde (Chatsworth, Collection Duke of Devonshire, ms. 7535). Vorlage für Text und Bilder war eine Handschrift, die 1458 für Anton von Burgund angefertigt wurde. Für die Illustration wurde in beiden Fällen der gleiche Buchmaler, Lievin van Lathem, verpflichtet.
     
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