Im Verlauf der langen Regierungszeit Philipps des Guten ist das Interesse für Geschichtsschreibung am burgundischen Hof enorm angestiegen; zwischen 1440 und 1477 stand sie in ihrer höchsten Blüte. Jenseits eines hier noch in den Kinderschuhen steckenden humanistischen Bildungsbedürfnisses kommt den Zeugnissen dieser neuen Leidenschaft für die Historie zunächst ganz allgemein eine repräsentative Funktion zu. Diese Funktion, die sich auch mit allen anderen Handschriften der burgundischen Sammlungen verbindet, wird bereits durch das äußere Erscheinungsbild der Bücher überdeutlich. In prächtige Einbände gebunden und mit reichem Dekor ausgestattet, zeichnet sich dabei besonders die Gattung der historisch ausgerichteten Texte durch ihre äußerst umfangreiche Bebilderung aus. Der hohe Stellenwert, der dieser Gattung zugemessen wurde, verlangt nach einer genaueren Bestimmung der funktionalen Aspekte, die im ersten Kapitel dieser Lektion behandelt werden.
Kapitel Zwei ist den Chroniken von Jean Froissart in einem Exemplar des Anton von Burgund gewidmet. Hier wird nach dem Stellenwert des Textes am burgundischen Hof gefragt und versucht, das Bildprogramm der Handschrift Antons von Burgund auf seine ideologische und politische Aussagekraft hin zu befragen.
Zwischen Historie und Legende bewegen sich jene drei Werke, mit denen wir uns in Kapitel Drei beschäftigen. In ihnen offenbart sich durch die Texte und ihre Bebilderung die Absicht, die burgundische Dynastie zu Legitimierungszwecken an Personen und Ereignisse der Universalgeschichte anzubinden.
In Kapitel Vier werden wir anhand von zwei Beispielen schließlich der Frage nachgehen, inwieweit sich auch die unter Philipp dem Guten stark angestiegene Neufassung der Heldenepen oder Ritterromane in den Dienst historischer Legitimierung stellen lässt.