"Van-Hooff-Stundenbuch", um 1460, Ramsen, Schweiz, Antiquariat Bibermühle, fol. 106v
"Stundenbuch des Engelbert von Nassau", Mitte 70er und drühe 80er Jahre des 15. Jh., Oxford, Bodleian Library, 219-220, fol. 126

Der Dekor im fortlaufenden Text:
Feines Federwerk bestimmt den Initialschmuck im fortlaufenden Text: Einzeilige und zweizeilige Buchstaben sind fast durchweg in den Tintenfarben Rot auf Blau, Blau auf Rot oder Gold auf Schwarz ausgeführt. Sie vertragen sich nicht mit gemalten Ranken, weil ihr Lineament ebenso wie die Ausläufer von entsprechend gezeichneten Zeilenfüllern unregelmäßig in die Ränder ausstrahlt. Im Kern angelegt ist darin bereits die Neigung, statt gemalten Randschmucks virtuosen Dekor mit der Feder des Kalligraphen auszuführen. Im fortlaufenden 15. Jahrhundert werden Schreiber dazu übergehen, aus Buchstaben am Rand des Textspiegels weit ausgreifende Zierformen zu entwickeln, die man als zusätzliches Geschenk begriff und deshalb als Kadelle (verwandt frz. cadeau = Geschenk) bezeichnete. Im frühen 16. Jahrhundert regt diese burgundische Kultur Zeichner wie Albrecht Dürer dazu an, komplexe Bordürensysteme aus farbigen Tinten für das Gebetbuch Kaiser Maximilians I. zu entwickeln, während Augsburger Drucker schließlich sogar in exquisiten Ausgaben für denselben burgundisch geprägten Auftraggeber solche Tintenschnörkel als gedruckten Dekor nachzuahmen versuchten.
     
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