Meister des Girart de Roussillon (Dreux Jean?), in: Jean Wauquelin, "Roman de Girart de Roussillon", 1448, Wien, ÖNB, Cod. 2549, fol. 164

Die Neubelebung des Lotharingischen Reiches
Mit dem einzigen Vollbild der Handschrift auf fol. 164, welches die zwölf Kirchen- und Klostergründungen Girarts und Bertes zeigt, konnte sich Philipp der Bedeutung der eigenen Dynastie als Quell wichtiger Mäzene und Unterstützer der christlichen Kirche vergewissern. An diesem Glanz wollte der Fürst, der selbst keine Kirche stiftete, teilhaben.
Die Neufassung des Textes impliziert jedoch, abgesehen von persönlichen Übereinstimmungen und dynastischen Überhöhungen, noch einen umfassenderen Anspruch: Das zur Zeit des historischen Girart entstandene Karolingische Zwischenreich Lothars I. ist unter dem neuen Herzog von Burgund im Begriff, erneut und in teilweise identischen Grenzlinien Gestalt anzunehmen. Philipp der Gute, der sich zeitgleich mit der Entstehung von Text und Handschrift in Verhandlungen mit Friedrich III über die Verleihung der Königswürde für seine kaiserlichen Lehen steht, beruft sich zur Legitimation seiner Ansprüche auf die Altehrwürdigkeit des karolingischen Königreiches Burgund und auf das Zwischenreich Lothars I.
     
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