Meister des Girart de Roussillon (Dreux Jean?), in: Jean Wauquelin, "Roman de Girart de Roussillon", 1448, Wien, ÖNB, Cod. 2549, fol. 100v

Der Bezug zu Philipp dem Guten
Kaum ein anderer Heldenroman des 15 Jh. ist so eng mit der Person Philipps des Guten verflochten wie der "Girart de Roussillon", dessen Lebensgeschichte zahlreiche Übereinstimmungen mit der des aufstrebenden Herzogs von Burgund aufweist. Wie in einem Spiegel konnte sich der Herzog in dem karolingischen Helden wieder finden und durch ihn seine Machtbestrebungen bestätigt und begründet sehen. Entsprechend intensiv hat er auch den Herstellungsprozess von Text und Handschrift begleitet. Manche meinen, in den Miniaturen sogar Philipps des Guten Porträtzüge in Girart wieder erkennen zu können.
In der Konfliktsituation zwischen Girart und Karl dem Kahlen jedenfalls konnte Philipp seine eigenen Probleme mit dem französischen König Karl VII. wieder erkennen. Wie Girart verweigerte er seinem König den Lehenseid im Anschluss an den Vertrag von Arras 1435, obwohl sich Kardinäle und Ratgeber bemühten, ihn zu einem Friedenschluss mit Karl zu bewegen. Seine Souveränität verdankte Philipp ebenso wie Girart dem Umstand, dass er dem König nur für Teile seines Territoriums lehenspflichtig war, während der Rest zum deutschen Reich gehörte. Die Bemühungen Karls des Kahlen, seine Lehenshoheit gegen den zu mächtigen Fürsten durchzusetzen, entsprechen den Maßnahmen Karls VII., dessen Truppen schließlich 1422/23 das Land des Herzogs angreifen, Tournus erobern und das Charolais verwüsten, so wie Karl der Kahle seinerseits die Ländereien Girarts verwüstete.
     
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