 |
Territorialinteressen
Von besonderem Interesse war die Geschichte des
burgundischen Herrschaftsgebietes, insbesondere jener Territorien,
die erst vor kürzerer Zeit in den burgundischen Machtverband
eingegliedert worden waren. Dieses Interesse ist jedoch nicht als
Bemühen um tieferes kulturelles Verständnis der neuen Untertanen
zu begreifen. Der imperialistische Anspruch bezieht schlicht - neben
Territorium und Wirtschaftskraft - die Geschichte des Landes, insbesondere
ihre heldenhaften Ahnen, gleich mit ein. Totale Aneignung im Interesse
der eigenen Nobilitierung und Legitimierung dürfte Hauptmotivation
gewesen sein. |
 |
Man berief sich beispielsweise auf die friesische
Königstradition, das karolingische Zwischenreich Lothars
I. und auf das alte Königreich Burgund, um eigene Bestrebungen
zum Aufbau eines neuen Königreiches zu rechtfertigen. Durch die
Erschaffung eines neuen Geschichtsbildes wurde zudem versucht, die
Ursprünge der heterogenen burgundischen Gesellschaft in ferner
Vergangenheit zu verankern, um die Einheit des neuen Staates zu fördern.
Die Konstruktion einer ruhmreichen Vergangenheit sollte die Annahme
stützen, nicht nur die Adelsfamilie, sondern auch das eigene
Volk sei auserwählt.
|
 |