"Stundenbuch des Charles de France", 1465, Paris, Bibl. Mazarine, ms. 473, fol. 122v


Im Umfeld des Schreibers
Alle auf Tinte basierenden Arbeiten mochten in einem räumlich beschränkten Skriptorium erfolgen, wobei die Anzahl der Beschäftigten im Dunkeln bleibt: Hier wurde regliert und liniiert; hier entstand die Abschrift des Textes, die anschließend emendiert und rubriziert werden konnte. Auch die wichtigsten Arbeiten in farbiger Tinte, also die Kalligraphie, haben hier ihren Platz. Manch unvollendetes Buch - freilich gibt es davon kein einziges spektakuläres Beispiel aus dem burgundischen Bereich! - lässt auf Arbeitsteilung vor dem Einsatz der Illuminatoren und Miniaturenmaler schließen; denn nicht selten fehlen die Elemente aus Gold und Farben, während alle in farbiger Tinte geplanten Dekorationen einschließlich der kleineren Initialen, der Zeilenfüller und rein kalligraphische Randzier völlig abgeschlossen sind.
Beim Übergang eines Manuskripts von den Schreibern zu den Malern war der Umfang der nun folgenden Arbeiten bereits weitgehend definiert. Wenn sich Gold und Farben nicht nur auf den Rändern ausbreiten sollten, hatte man beim Schreiben und bei der Kalligraphie Räume leer zu lassen. Deren Anordnung gliedert den Text, und deren Bemessung prägt den Charakter eines Buches vom Prachtband zur einfachen Gebrauchshandschrift.
Die einzelnen Arbeitsschritte innerhalb der Entstehung einer Handschrift lassen sich vorzüglich anhand des unvollendet gebliebenen Stundenbuches des Charles de France nachvollziehen. Die unterschiedlichen Stadien der Ausarbeitung dieser französischen Handschrift können Sie durch die vollständige digitale Bereitstellung des Buches durch die Bibliothèque de Mazarine im Internet betrachten. (Paris, Bibl. Mazarine, ms. 473)

     
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