Jacques Le Boucq (?): Porträt des Rogier van der Weyden, 16. Jh., Arras, Bibliothèque municipale, ms. 266, fol. 276


Rogier van der Weyden und das Porträt in Burgund

In der neuen Hauptstadt Brüssel, die schnell auch künstlerisches Zentrum Burgunds werden sollte, war der Tournaiser Tafelmaler Rogier van der Weyden seit 1435 als Stadtmaler tätig. Dieses Amt, das speziell für ihn geschaffen wurde, bekleidete der Künstler bis zu seinem Tode im Jahre 1464. 1449 wird Rogier van der Weyden in einer Quelle als "portrateur der Stadt van Bruessele" bezeichnet. Tatsächlich haben sich zahlreiche Porträts der herzoglichen Familie und hochrangiger Würdenträger des burgundischen Hofes von seiner Hand erhalten.
Die Zuschreibung des Widmungsbildes der Chronik von Hennegau an diesen Künstler ist sicherlich in hohem Maße dadurch begründet, dass die Miniatur vor allem durch die Genauigkeit der Porträts der einzelnen Dargestellten erstaunt; nur dem Brüsseler Stadtmaler wird zugetraut, ein so frühes Zeugnis der Gattung Gruppenporträt zu entwickeln.
Vor ihm hatte sich bereits Jan van Eyck als Bildnismaler am burgundischen Hof hervorgetan. Das Porträt in der so genannten "Rolin-Madonna", die Bildnisse in der "Arnolfini-Hochzeit", die Einzelbilder des Baudouin de Lannoy oder Jan Leeuw und zahlreiche bis heute anonym gebliebene Köpfe dokumentieren des Künstlers Können in der Bildniskunst. Wie Rogier van der Weyden ist Jan van Eyck einer der wenigen altniederländischen Tafelmaler, dem die kunsthistorische Forschung Miniaturen zugeschrieben hat, auch wenn seine Beteiligung am Turin-Mailänder Stundenbuch bis heute umstritten bleibt.

     
1 2 3