Rogier van der Weyden, in: Jaqcues de Guise, "Chroniques de Hainaut", 1447-48, Brüssel, KB, ms. 9242, fol. 1, Detail

Zwischen Signifikanz und normiertem Muster:

Was also kannte der Buchmaler: Er kannte Bücher wie das, in das er malte. Er kannte den Herzog und dessen Gefolge. Er kannte auch den Verfasser, in diesem Falle Übersetzer und Redakteur des Buches. Er mochte im Voraus mit der Übergabe des Buches an einem bestimmten Ort rechnen; da die Herrschaft aber ständig auf Reisen war, stand kein fester Thronsaal zur Verfügung. Also musste sich der Maler darauf besinnen, was man grundsätzlich als Szenerie brauchte: Ein stattliches Steinhaus mit entsprechend großen Fenstern, einen mehrachsigen Saal. An dessen Balkendecke ließ sich ein Baldachin befestigen, der wieder eingemottet wurde, wenn der Hof weiter zog. Vom Einzelraum aus einen bestimmten Palast in einer bestimmten Stadt zu zeigen, war ohnehin in den burgundischen Niederlanden unmöglich. Deshalb genügte die Charakteristik einer gewissen Klasse oder Würde von Architektur; an Ausblicke auf bestimmte Städte, die an ihren herausragenden Landmarken, Türmen und ähnlichem zu erkennen wären, dachte man so gut wie nie. Die Zeit war nicht fixiert. Die Jahreszeit ließe sich nur durch den Blick aus dem Fenster zeigen. Die Tageszeit wäre unspezifisch; eine Nachtzeit ließe sich durch Kerzen oder Fackeln kennzeichnen. Solange jedoch die Sitte, Silberfolie in die Fenster zu setzen herrschte, war keine Präzisierung möglich.
     
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